Danke, ich habe es leider nicht früher geschafft !

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Wie alles begann

Die Fussballzeitreise ist die erste und einzigste öffentliche Fußballausstellung in Thüringen. Am 11.06.2012 ist sie 2 Jahre alt geworden. Was in diesem Zeitraum alles in Verbindung mit der Ausstellung passierte, erstaunt mich sehr. Dabei waren die Anfänge sehr schwierig. Ich würde bald sagen, man wollte die Fussballzeitreise nicht. Jeder, der sich aber die Mühe machte, sie zu besuchen, war begeistert. Genau vor einem Jahr wollte ich aber aufgeben. Freundschaften zerbrachen, weil ich nicht verstand, dass selbst die besten Freunde nach einem Jahr, seit der Eröffnung unserer Ausstellung fern geblieben sind. Um nicht weitere Opfer zu bringen, rief ich meinen Kumpel Hagen Leopold in Kaiserslautern an. Er hat viele Kontakte und es war mein größter Wunsch, die gesammelten, geschichtsträchtigen Sachen in gute Hände zu wissen.

Doch es gab Menschen um mich herum, die das nicht zulassen wollten. An erster Stelle meine Familie. Meine Mutter stand sogar vor mir und sagte : "Du willst die Fussballzeitreise sterben lassen ? Dann kannst Du wegziehen !"  Sie ist vielleicht mit ihrer Äußerung sehr hart gewesen, doch ich habe sofort gemerkt, dass sie es nicht so meinte. Ich sollte endlich anfangen zu kämpfen ! Sie selbst mußte das auch in jungen Jahren, als sie die halbe Familie durch einen Autounfall verloren hatte.

Viele Dinge, die mir wichtig waren, veränderten sich. Zusätzlich erwischte es mich mit einer Krankheit, die nicht für mich, aber für mein Umfeld sehr schockierend war. Diagnose : "Schwarzer Hautkrebs" ! Ich sollte sofort zur OP ins Tumorenzentrum nach Erfurt.

Ich hatte mich nie mit Hautkrebs befaßt und dessen Auswirkungen. Ich wollte das auch nicht. Am Tag als ich die Diagnose mitgeteilt bekam, setzte ich mich auf mein Fahrrad und wollte meine Trainingsrunde zur Tanzbuche machen. Ich fuhr diese Strecke vor meiner Krankheit regelmäßig zweimal die Woche. Ich fühlte mich körperlich richtig gut in Form. Als mein Vater mit Tränen in den Augen vor mir stand und mich fragte , wo ich hin will, sagte ich : " Ich laß mich nicht von dem Krebs abhalten zu trainieren !"

Als ich mit meinem Fahrrad den Berg besiegt hatte und an der Stelle war, wo man unseren Großen Inselsberg am schönsten sieht, hielt ich an. Voller Wut habe ich das Rad hingeworfen. Ich setzte mich auf eine dort stehende Bank und fing an zu heulen. Wenn es im Himmel jemand geben sollte, der mich so hart prüft, dann sollte er sich entscheiden, ob er mir noch Zeit gibt oder nicht. Dann setzte ich mich wieder auf das Rad und fuhr ohne zu bremsen den Berg hinunter. Das geschah mit einem beruhigenden Gefühl, innerlich zu wissen, die nötige Zeit zu bekommen. Ich werde alles schaffen, was an Aufgaben vor mir liegt. Wenn ich gesund bin, werde ich wieder genau an dieser Stelle des Berges "Danke" sagen.

Ich habe in meinem Leben schon einiges durchgemacht. Als aktiver Fußballer hatte ich eine schwere Knieverletzung. Während der Operation sind Keime in das Knie gelangt. Am Ende stand ich sogar vor einer Amputation des linken Beines. Die Lebensgeschichte vom Weltmeister 1954 Ottmar Walter, hatte mich damals sehr motiviert, nicht aufzugeben.

Genau solche Schicksalsschläge prägen und formen den Menschen. Ich war immer ein Kämpfer !

Nach der erfolgreichen Operation in der Hautklinik Erfurt fuhr ich zur Kur an die Ostsee, nach Heiligen Damm. Die Schicksale, die ich dort sah, zeigten mir, wie gut es mir doch selbst noch geht. Die Wichtigkeit im Leben habe ich bei unzähligen Spaziergängen am Ostseestrand hinterfragt. Viele Gespräche mit Patienten und Ärzten in der Klinik habe ich geführt. Für mich stand fest, ich werde vieles ändern. Aus der Heimat bekam ich unheimlich viel Unterstützung. Ich hatte zwar vor meiner Krankheit Freundschaften verloren, aber unheimlich viele neue dazu gewonnen. Es waren die Leute, die den Weg der Ausstellung Fussballzeitreise von Anfang an positiv begleitet haben. Mein Ziel war es, mich nur noch mit positiven Dingen zu befassen. Die negativen Einflüsse haben dann kaum eine Chance, an einem heran zu kommen.

Meine neue positive Einstellung brachte Bewegung in mein Leben. Nach der Kur ging es rasant mit der Fussballzeitreise voran. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen aus der Umgebung fruchtete. Das neue Spendenprojekt wurde sehr gut angenommen. Mit dem Schussmeßgerät bekam ich soviele Anfragen für Vereinsfeste, dass ich nicht alle wahrnehmen konnte. Ich wollte meine gewonnene positive Einstellung nutzen, um anderen Mut zu machen, die in Kliniken, Heimen mit ihrem Schicksal haderten. Also begann ich, Vorträge zu halten über Deutsche Fußballgeschichte. Nicht Fußballspezifisch, nein, motivierend sollten sie sein ! Zusätzlich nahm ich ein Ehrenamt auf dem Bodelschwinghof an und kümmere mich seitdem alle 14 Tage um einen Menschen mit Defiziten. Dabei lerne ich mehr von meinem neuen Freund Bernd, als er von mir !

Vor kurzem war ich bei einer Versammlung eingeladen, dabei ging es um einen Filmbeitrag über unseren Ort Tabarz. Ein Fernsehteam aus Berlin wollte Sehenswertes filmen, interessante Menschen vorstellen, die den Ort Tabarz verkörpern und Initiative zeigen, um etwas zu bewegen. "Heimat Deine Sterne", war der Name des Projektes. Die Fussballzeitreise sollte im Beitrag aufgenommen werden. Ich selbst sah das kritisch. Es waren Vereine anwesend, die den Ort besser präsentierten. Trachtenverein, Wanderverein, Heimatverein, die Schule und so weiter. Ich fragte, ob das so gut wäre, über unsere Ausstellung etwas zu bringen, da es doch nichts heimatliches ist. Christa von Schemm, Betreuerin des Heimatmuseum`s und Mitglied des Kneipp - Verein Tabarz, stellte ganz energisch fest : "Die Fussballzeitreise gehört zu Tabarz !" Ein Kompliment, mein ERSTES in der Öffentlichkeit !

Ich hatte aber eines noch nicht geschafft, mit dem Fahrrad meinen Berg zu bezwingen. Mehrere Versuche scheiterten. Ich war noch nicht in der Lage. Die Kräfte reichten nicht aus. Am 16.06.2012 startete ich einen erneuten Versuch. Beim ersten größeren Anstieg merkte ich, heute geht was. Ich quälte mich Meter um Meter voran. Meine Gangschaltung vom Fahrrad war defekt. Ich wollte eigentlich in die kleinste Übersetzung schalten. Doch irgendwas klemmte. Aufgeben, nein, dass wollte ich nicht. Ich dachte an das bewegende letzte Jahr zurück. Das Ziel rückte näher. Tränen liefen mir über das Gesicht. Ich mußte mich fast vor Erschöpfung übergeben. Ich pumpte nach Sauerstoff, meine Beine schmerzten. Fast fallend stieg ich vom Fahrrad. Am Fünfarmigen Wegweiser legte ich mich auf eine Bank. Der Blick richtete sich zu den Wolken am Himmel. Mir war so schlecht, doch die Freude das Ziel erreicht zu haben, war riesig !

Nach 15 Minuten erholte sich mein Körper. Ich versuchte wieder auf das Rad zu steigen. Ich mußte doch noch zu der Stelle, an der ich vor gut einem Jahr schon einmal um Zeit gebeten habe. Zeit für mein neues Leben. Zeit für alles, was mir wichtig ist. Dort angekommen entschuldigte ich mich, dass ich es nicht eher geschafft habe, Danke zu sagen !

 

Ich bin zurück !